Dienstag, 24. Februar 2009

Abschnitt C

Der Zug hielt und ein lautes Zischen war zu hören. Die rot glänzende Trieblok der deutschen Bundesbahn kam zum Stillstand. Kurz darauf sprangen die zahlreichen Türen der sieben Wagons auf und gewährten den Reisenden den Weg ins Freie. Die ersten Personen setzten ihre Füße auf den Bahnsteig. Aus der zweiten Tür des dritten Wagons, stieg ein groß gebauter Mann. Er trug einen maßgeschneiderten Anzug und schwarze Lederschuhe. In der linken Hand hielt er einen schmalen schwarzen Aktenkoffer. „Wieder so ein Wichtigtuer“, dachte sich David.
Zwei Türen weiter hatte eine zierlich wirkende Frau, Probleme ihren Kinderwagen aus dem Wagon zu heben. Noch eine Tür weiter stieg gerade, mit lauten Rufen und etwas gerempel eine Schulklasse aus dem Zug. Die Lehrerin der vielen noch sehr jungen Schülerinnen und Schüler versuchte angestrengt, aber mit sichtlich wenig Erfolg die Situation in Griff zu bekommen. David beobachtete das Geschehen kurz.
Doch dies waren nicht die Personen auf die David wartete. Er stand allein, in mitten von um herlaufenden Menschen, in Abschnitt C der Bahnsteiges. Sein Blick wanderte nervös den Bahnsteig auf und ab. Wo war sie?
Noch immer quollen ununterbrochen Leute aus dem Zug.
David zog sein Handy aus der Tasche seiner Jeanshose, wählte den Menüpunkt Mitteilungen und laß ihre letzte SMS. „15:30 Uhr... Mit dem Zug aus Frankfurt... Warte in Abschnitt C...“, stand dort auf dem Display. Den letzten Teil der SMS „Lieb dich mein Schatz, Kuss“, überlaß er. Sein Blick fiel auf die Informationstafel des Bahnsteiges. In Gedanken verglich er die Informationen aus der SMS, mit den Daten der Tafel. Bis auf die Uhrzeit, die inzwischen 15:37 Uhr lautete, waren alle Angaben übereinstimmend. Er wartete also auf dem richtigen Bahnsteig.
Wo war sie nur? Langsam bekam David ein flaues Gefühl im Magen.
War ihr etwas passiert? War alles in Ordnung?
Die Anzahl der Reisenden die aus dem Zug stiegen nahm allmählich ab und das Unwohlsein mit jeder Person die David als fremd erkannte zu.
Irgendetwas stimmte nicht! Hatte sie ihren Zug vielleicht verpasst?
„Sie hätte es mir Mitgeteilt“, dachte sich David. Er blickte auf die roten Rosen in seiner Hand, die er noch schnell im Blumenladen vor dem Bahnhof gekauft hatte.
15:40 Uhr. Wo war sie?
Die Frage bohrte sich durch seinen Kopf, sodass sie ihm Schmerzen bereitete.
Doch plötzlich erschien, als eine der letzten Personen die den Zug verließen, die Silhouette einer jungen, attraktiven Frau in der Tür vor David.
Sein Herz schlug schneller, Blut strömte in seinen Kopf und er begann aufgeregt von dem einen auf den anderen Fuß zu hüpfen. War sie es? Hatte das Warten ein Ende?
Er konnte ihr Gesicht noch nicht richtig erkennen, als er hinter sich ein erfreutes Rufen hörte.
Es traf ihn wie ein Schlag als er enttäuscht erkannte, dass sie es nicht war. Die Frau trug eine schwarz Bluse und eine enge Jeans. Sie lief strahlend und winkend, so schnell es ihre hochhackigen Schuhe zuließen auf den Mann zu der sie gerufen hatte.
David wusste nicht was er tun sollte, die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Sie war nicht gekommen! Wie konnte das sein?
Fragen erfüllten seinen Kopf, die kurz durch einen gellenden Pfiff unterbrochen wurden. Die Türen der Wagons schlossen sich wie von Geisterhand. Die Signale sprangen auf grün und immer lauter wurde das Surren der Motoren, die den Zug langsam aber stetig aus dem Bahnhof schoben.
(© M.Kaminski 2009)

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