Dienstag, 24. Februar 2009

Veränderung

Der Zug hielt und ein lautes Zischen war zu hören. Das Zischen übertönte selbst die kreischenden und durcheinander rufenden Stimmen. Bestimmt waren die lauten Stimmen bis zur alten Mühle zu hören.
Endlich war er da; er sollte eigentlich schon vor zwei Monaten kommen. Doch da war der Wind.
Der Bahnhofsdirektor hatte sichtlich Mühe, die Leute von der Bahnsteinkante fern zu halten. Seine Trillerpfeife erscholl wieder und wieder. Trotzdem kam Hoffnung auf. Der Zug war wie ein Frischer Wind, der in die Hoffnungslosigkeit der Menschen fegte.
Endlich kam die Ware aus den großen Städten im Osten. Endlich würden die Frauen den neusten Klatsch und Tratsch aus den fernen Städten erfahren. Die Männer würden den Lohn für ihre verkaufte Ware kriegen und den Zug gleich wieder beladen. Noch heute Abend wäre ein Drittel des Lohns schon wieder für Feuerwasser draufgegangen.
Schnell ging das Gerücht um, dass irgendein ein Politiker aus New York im Zug säße. Einer, der wieder was verändern wollte. Von solchen Leuten hatten die Menschen in West Kartland aber schon genug. Aber man würde auch den in den Griff bekommen. Man kannte sich aus mit solchen Frischlingen.
Die einzigen Traurigen heute war die Familie Steens; Sie verloren heute mit dem Zug ein Stück ihres Lebens. Ihr Ältester fuhr weg um Gerichtsmedizin zu studieren, ein Ausbrecher, wie die Alten solche Leute schimpften.
Bald würde der Zug wieder weg fahren und dann wäre der Zauber wieder vorbei. Der Zauber des Aufschwungs, der Veränderung.
Wie sehr Peter sich doch nach dieser Veränderung sehnte. Aber das war hier auf den Land in der Steppe nicht möglich. Er beneidete den Ältesten der Steens. Am liebsten würde er auch sofort in den Zug springen. Doch irgendetwas hielt ihn zurück. War es die Angst vor dem Unbekannten oder doch sein trautes Heim? Er wusste es nicht. Aber in einem war er sich sicher: Es durfte nicht beim Alten bleiben. Es musste etwas Grundlegendes passieren.

© W. Braun

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